Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse)
Deutschland
Die Neustädter Gestüte, in Brandenburg unweit von Berlin gelegen, blicken auf eine über 220-jährige Tradition in der Pferdezucht und -ausbildung zurück. Die Geschichte der Gestüte war stets eine bewegte, immer eng verwoben mit der Geschichte des Landes.
Neustadt gehört zu den wenigen Standorten, die neben dem traditionellen Landgestüt (Hengste) auch ein Hauptgestüt (Stuten) beherbergt. 40 Elite- und Staatsprämienstuten bilden die züchterische Grundlage des Brandenburgischen Haupt- und Landgestütes. In den Gestüten sind folgende Pferderassen vertreten: Deutsches Sportpferd, Englisches Vollblut, Trakehner, Kaltblüter, Haflinger, Reitpony.
Die attraktiven Gestüte liegen auf einem weitläufigen Areal von ca. 400 Hektar mit vielen Koppeln und Alleen. Sie bieten mit den beiden klassizistischen Gestütshöfen ideale Zuchtanlagen. Als Schutz vor der Privatisierung sind die Neustädter Gestüte seit 2001 eine Stiftung des öffentlichen Rechts.
Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse)
Hauptgestüt 10
16845 Neustadt (Dosse)
Deutschland
www.neustaedter-gestuete.de
E-Mail: info@neustaedter-gestuete.de
Geschichte
Friedrich Wilhelm II. (Regierungszeit 1786 – 1794) liebte alles Schöne, so auch edle Pferde, die er aber in Preußen nicht finden konnte. Sein junger Reiseadjutant Carl Graf von Lindenau, Kavallerieoffizier und Sohn eines sächsischen Oberstallmeisters, begeisterte den König von der Idee, Stammgestüte einzurichten, um mit erstklassigen Hengsten die bis dahin unattraktive bodenständige Pferdezucht zu kultivieren. Dem „Landemanne“ sollten ausgesuchte Deckhengste zur Verfügung stehen, um noble Pferde zu züchten. Friedrich Wilhelm II. gab deshalb Carl Heinrich August Graf von Lindenau die Anweisung, das preußische Gestütswesen zu reorganisieren.
Am 31. Juli 1787 signierte der König das entsprechende Gesetz „Zum Besten des Landes“. Ein knappes Jahr später, am 26. März 1788, verfügte der Kriegs- und Domänerat Preußens, dass auf dem Areal des Maultiergestüts eine Zuchtanlage mit dem Namen „Friedrich-Wilhelm“ zu errichten sei. 600 Morgen Land wurden für Wiesen und Weiden dem Oberstallamt überschrieben. Kurz darauf begann der sächsische Bauinspektor Glasewald das heutige Hauptgestüt für ca. 60 Mutterstuten und einen Kilometer entfernt das Kurmärkische Landgestüt, genannt Lindenau-Hof (heute Landgestüt) für ca. 100 Beschäler zu errichten. Beide Anlagen entstanden als rechteckige Höfe im klassizistischen Baustil.
Aufgaben
Das Land Brandenburg ist verpflichtet, das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt zu einem Zentrum einer nachhaltigen ländlichen Entwicklung von regionaler und überregionaler Bedeutung zu entwickeln. Ländliche Entwicklung im Sinne des strategischen Ansatzes der Europäischen Union ist ein Erlebbarmachen („Anfassen“) des ländlichen Raumes mit konkreten, für den Bürger greifbaren Projekten, die zugleich zu einer wirtschaftlichen Wertschöpfung in der geförderten Region führen. Die hohe kulturhistorische Bedeutung dieser Gestütsanlage, einer der größten Deutschlands, sowie die züchterische Reputation des Gestütes bilden dafür einen hervorragenden Rahmen.
Die Aufgaben des Gestütes sind somit:
- Ländliche Entwicklung
- Wirtschaftliche Selbstständigkeit
- Erhalt und Pflege der denkmalgeschützten Anlage
- Bereitstellung gut durchgezüchteter Hengste
- Erhalt der heimischen Pferderassen
Vier Kompetenzbereiche (Hippologischer Bereich, Marketing & regionale Entwicklung, Verwaltung/Controlling, Liegenschaftsmanagement) setzen diese Aufgaben um.
Gestütsbereiche (hippologischer Kompetenzbereich)
Eine landeshoheitliche Aufgabe des Haupt- und Landgestütes ist die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen, leistungsgeprüften Hengsten. Die Hengste sollen vorrangig den Züchtern in Berlin-Brandenburg und Sachsen-Anhalt zu moderaten Decktaxen zur Verfügung stehen. In der Zeit vom 1. März bis 15. Juli eines jeden Jahres wird ein Deckstellennetz mit 15 – 20 Stationen in den Ländern Berlin-Brandenburg und im Norden Sachsen-Anhalts belegt. In zwei Stationen (Neustadt, Krumke), die auch seitens der Europäischen Union anerkannt sind, wird über künstliche Besamung das Sperma der Hengste europaweit vertrieben.
Eine weitere landeshoheitliche Aufgabe ist die Durchführung der Leistungsprüfung bei Hengsten und Stuten. Sie erfolgt auf der Grundlage der Bundesverordnung über die Leistungsprüfung und Zuchtwertfeststellung bei Pferden und dem Tierzuchtgesetz. Hengstleistungsprüfungen werden seit 1978 in der dafür prädestinierten Prüfanstalt in Neustadt (Dosse) durchgeführt. Diese Institution ist eine der am meist frequentierten Prüfanstalten in Deutschland.
Die Reit- und Fahrschule ist die ideale Lehrstätte für alle Teilnehmer, um sich bei qualifiziertem Unterricht im Reiten, Fahren oder dem Umgang mit Pferden schulen zu lassen. Das traditionelle Schulungszentrum ist durch die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) als Fachschule für Reit- und Fahrausbildung anerkannt. Im Vordergrund steht die Ausbildung von Amateurlehrkräften für den Reit- und Fahrsport, die mit dem Zertifikat eines Fachübungsleiters, Amateurreit- oder Amateurfahrlehrers abschließt.
Im Fahrsportzentrum des Brandenburgischen Haupt- und Landgestüts findet sowohl die Aus- und Fortbildung von Fahrpferden und Fahrern als auch die Ausbildung und Korrektur von Fahrpferden durch Obersattelmeister Rainer Stübing statt. Außerdem sind jederzeit der Kauf und die Vermittlung von Fahrpferden möglich.
Seit Jahren erfreut sich die Berufsausbildung zum Pferdewirt mit dem Schwerpunkt „Zucht und Haltung“ in Neustadt (Dosse) wachsender Beliebtheit. Über 200 Bewerbungen sind jährlich zu bearbeiten, von denen leider nur fünf bis sieben eine Berücksichtigung für die dreijährige Lehre finden können.
Das Projekt „Reiten in der Schule“ ist einzigartig in Deutschland und wird mit der Neustädter Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe durchgeführt. Das Fach Reiten ist versetzungsrelevantes Schulfach bis zum Abitur und wird zurzeit von etwa 175 Schülern besucht. Reiten kann als Wahlpflichtfach gewählt werden, für das keine reiterlichen Vorkenntnisse vorhanden sein müssen. In einer Spezialklasse werden besonders talentierte Schüler ihren Begabungen entsprechend gefördert.
Jährlich finden viele Veranstaltungen sowohl für das Fachpublikum als auch für Freunde des Pferdes statt. Zudem eignet sich das Gestütsareal mit neu renoviertem Gebäudebestand ideal zur Austragung von Veranstaltungen aller Art.